Gobernador Gregores und der Aufstand in Patagonien
- Birgit & Gert Gölz
- 14. Jan. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Jan. 2023
Die Stadt in der wir mit dem Getriebeschaden gestrandet sind, gehört sicher zu den Orten unserer Reise an denen wir uns am Längsten aufhalten.
Gobernador Gregores liegt an der Ruta 40 mitten in der patagonischen Steppe in dem Tal des Rio Chico.
Fast alle Reisenden auf der Panamericana füllen ihre Tanks an der am Ortseingang liegenden Tankstelle. Viele fahren noch zum Supermarkt oder bleiben für eine Nacht.
Auf den ersten Blick ein nettes Nest in the Middle of Nowere, schön um sich ein, zwei Tage auszuruhen um dann weiterzureisen zu den Naturschönheiten Patagoniens.
Hier mal einige exotische Besucher der Tankstelle die wir in Deutschland Aufgrund von TÜV so nicht sehen werden.
Wir wurden hier freundlich empfangen obwohl wir uns mit jeder Faser danach sehnen endlich weiterfahren zu können. Es hat fast zwei Wochen gedauert bis ich mir den Namen der Stadt merken wollte. Für unsere Lage ist die Stadt, obwohl ich das ungern zugebe , perfekt.
Es gibt Internet...Die Organisation zur Versendung unseres Getriebes hätten wir Ohne nicht schaffen können.
Kfz Werkstätten
ein Western Union in einer kleinen Panaderia
Supermärkte und Restaurants
und vor allem den Camping Municipal -die angestellten lieben Menschen waren uns eine große moralische Unterstützung.
Jetzt wo klar ist das wir unser Ersatzteil nächste Woche bekommen werden möchte ich die Zeit nutzen und ein wenig genauer hinschauen.
Gobernardor Gregores, früher Cañadon Lèon hat 7000 Einwohner und ist Verwaltungshaupstadt des Departemento Rio Chico in der Provinz Santa Cruz. Die Stadt liegt im Tal des Rio Chico von den Bergen vor den kalten patagonischen Winden geschützt in der patagonischen Steppe. Das Klima ist rau, die Winter kalt bis - 20 Grad kann es hier werden und im Sommer bis zu 30 Grad warm . Im Jahresdurchschnitt fällt hier 170 mm Regen und das, in Verbindung mit dem ständigen Wind, macht Landwirtschaft hier schwierig.
Im Zentrum gibt es einen Park und in der Hauptstraße allerlei Geschäfte.
Wir haben schon vor einiger Zeit hoch oben am Berg einige rot schimmernde Schreine entdeckt. Jetzt machen wir uns auf den Weg um uns diese genauer anzusehen. Es sind Schreine für den Gaucho Gil.
Einen schönen Blick hat man von hier oben. Die Felder am Fluss leuchten grün dahinter sieht man in allen Richtungen nur Berge und endlose Steppe.
Zwei Blocks hinter unserem Campingplatz gibt es ein Heimatmuseum.

Hier erfahren wir einiges über die Geschichte der Stadt.
Die geschützte Lage an der Furt des Rio Chico erkannten schon die Ureinwohner das Volk der Aonikenk oder Tehuelche und nutzten es als Aike ( Lager ).
Diese Ureinwohner der patagonischen Steppe waren in Gruppen von Jägern organisiert, die sich zu Fuß auf der Suche nach essbaren Tieren von Santa Cruz bis zur Magellanstrasse bewegten. Durch die Begegnung mit den Europäern veränderte sich ihre Lebensweise. Mit der Verwendung von Pferden wurde der traditionell zur Jagd genutzte Pfeil und Bogen ersetzt durch Boleadoras. Das sind zwei bis drei glatte an langen Schnüren ( Nandu Sehnen) befestigte glatte Steine, mit denen man je nachdem wie sie geworfen werden, ein Tier fangen oder töten kann. Noch heute verwenden die Gauchos diese Kugeln um Tiere einzufangen.
Als sich dann gegen Ende des 1800 Jahrhunderts die europäischen Schafzüchter in Patagonien ausbreiteten war kein Platz mehr für dieses Volk. Zeitweise haben die Estanciabesitzer ein Pfund Sterling pro erlegten Ureinwohner bezahlt aber auch, der ihnen bis dahin unbekannte Alkohol, und eingeschleppte Krankheiten führte zu ihrem Aussterben
Cañadon Leon, so der frühere Name der Stadt, war von jeher ein verkehrstechnisch wichtiger Ort zum Transport von Waren und Wolle. Das geschah früher mit riesigen Pferdekarren.
Das erste Haus der Stadt wurde von einem aus Österreich stammenden Schmied gebaut. Für die Verkleidung der Außenwand verwendete er das Blech von 20 Liter Kanistern. Er war einer der Überlebenden der Hinrichtungen von 21 steht auf einem Schild und auf Anderen lesen wir immer wieder von der Ruta de la Huelga 21.
Das macht mich neugierig und ich suche nach Informationen im Internet. Wieder einmal bin ich fassungslos über das was ich lese.
Nach dem Ende des ersten Weltkrieges in Europa verfällt der Preis für Wolle auf dem Weltmarkt. Die Estanciabesitzer Patagoniens möchten ihre finanziellen Verluste ausgleichen indem sie die Löhne ihrer Landarbeiter kürzen. Diese lebten schon in Elend und organisierten einen Aufstand. Die Schafsbarone riefen den Staat zur Hilfe und aus Buenos Aires wurde eine Garnison unter dem Befehl von Lieutnant Colonel Verela geschickt. Sehr zum Missfallen der Großgrundbesitzer handelte der aber einen Vertrag mit den Arbeitern aus. Sie sollten mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen erhalten. Die Farmbesitzer stimmten dem auch zu, hatten jedoch niemals geplant diesen Vertrag einzuhalten. Im Gegenteil wurden die Lebensbedingungen nach Abzug des Militärs schlimmer als vorher. Es kam wieder zum Aufstand, noch heftiger als vorher. Der Lieutnant kam also wieder zurück und ist dann über die Estancias gereist um vor Ort alle Widerständler, sie hatten sich bereits ergeben, erschießen zu lassen. Am Ende gab es über 1500 Tote Landarbeiter. In der Hauptstadt sorgte das zwar für einige Aufregung und Empörung aber zur Verantwortung gezogen wurde niemand. Der aus Deutschland eingewanderter Anarchichst Karl Gustav Wilkens https://www.abendblatt.de/region/norderstedt/article211440179/Wie-ein-Bramstedter-zum-Volksheld-wurde.html hat zwei Jahre später den Colonel auf offener Straße getötet.
Fünfzig Jahre später erhielt einer der ersten preisgekrönten argentinischen Filme auf der Berlinale den silbernen Löwen. Das ist die Verfilmung des Buches "Patagonia Rebelde ". Der Historiker Oswaldo Bayer hatte Anfang der 70iger Jahre ein Buch über das an den Landarbeitern verübte Verbrechen geschrieben. Es wurde ein Bestseller in Argentinien und hier auch verfilmt. Dem Militär in Argentinien gefiel das aber gar nicht. Oswaldo Bayer floh nach Deutschland um sein Leben zu retten. Nach Ende der Diktatur kehrte er nach Argentinien zurück und setzte sich hier zeitlebens für die Einhaltung der Menschenrechte ein. Der Gouverneur der den Film genehmigte wurde übrigens von der allseits verehrten Evita Peron ins Gefängnis geschickt.
Heute erinnert ein Denkmal auf einem Hügel vor der Stadt an die Getöteten Landarbeiter.
Au weiha....... das war jetzt mal hartes Brot für einen Reiseblog.
Gehört aber zur Geschichte unseres Reiselandes und ich finde wichtig das solche Verbrechen nicht vergessen werden. Wen es interessiert, das Buch von Osvaldo Bayer wurde ins deutsche übersetzt und ist unter dem Titel "Aufstand in Patagonien" erhältlich.

Übersetzung des Textes auf der Wand:
Ich sorge mich nicht über die Schreie der Gewalttätigen, der Korrupten, der Unehrlichen ohne Ethik. Was mich am meisten sorgt ist das Schweigen der Guten.
Ehrlich - 20 das ist hängen geblieben. Aberves geht hat voran 👍💋
Ihr Beiden, auch wir drücken Euch beide Daumen, wenn die Reparatur für euer Auto endlich klappt. Aber dieser Reisebericht, hatte es wirklich in sich.
🦉 Die 🏍 Motorräder mit Wohnwagen, nicht schlecht. Habt da recht ,das würde es bei uns wegen TÜV nicht geben. Weiterhin für euch gute Fahrt. Bleibt gesund. Seid lieb gegrüßt von Wolfgang und Dorethee
Liebe Birgit, herzlichen Dank für diesen ausführlichen und informativen Blogbeitrag. Wir haben gerade eben auch die Bilder im Status von Gert gesehen und freuen uns riesig über den nun laufenden Einbau des Getriebes - ojala que funcionara. Wir drücken beide Daumen zum Erfolg der Reparatur - und nun gute und problemlose Weiterfahrt! Un fuerte abrazo de Richard y Birgit