Valparaiso - bunt laut, und gefährlich?
- Birgit & Gert Gölz
- 20. Apr. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Apr. 2023
Seit ich vor Jahren einen Film über Valparaiso gesehen habe wünsche ich mir einmal diese quirlig bunte Stadt zu sehen.
Wir fahren von Santiago fast 100 km bis wir in Viña del Mar die Küste erreichen. Die Stadt grenzt an Valparaiso und wird „die Schöne“ genannt. Sie hat 300 000 Einwohner und lebt hauptsächlich vom Tourismus, ist sauber, mit schön bepflanzten, gepflegten Grünanlagen. Moderne Hochhäuser mit Blick aufs Meer. Einkaufsmeilen mit teuren Boutiquen. Ganz anders als ihre Nachbarstadt Valparaiso. Die Hafenstadt unterscheidet sich sehr von den anderen südamerikanischen Städten deren Straßen meistens schachbrettartig geordnet sind. Vom Meer aus zieht sich das kunterbunte Häusermeer die steilen Hügel hinauf. Auf jeder noch so kleinen Ebenen Fläche wird gebaut was mitunter recht abenteuerlich aussieht. Aufgrund ihrer Einzigartigkeit gehört die Altstadt von Valparaiso auch zum UNESCO Weltkulturerbe.

Wir stellen unseren Landy auf einem bewachten Parkplatz im Hafen ab. Für umgerechnet 15 Euro können wir hier auch übernachten. Der Platz ist zwar nicht schön, liegt aber zentral.

Am Hafen rund um die Markthalle stehen Marktstände, es ist quirlig bunt und es stinkt. Viele der Häuser hier haben ihre besten Tage schon gesehen, genau wie einige der Menschen die auf den Parkbänken sitzen, nicht wenige von ihnen sind schon deutlich alkoholisiert. Als Gert fotografiert wird er von einer vorbeieilenden Passantin darauf aufmerksam gemacht das er sein Handy besser wegsteckt weil es hier immer wieder zu Überfällen kommt und prompt jagt ein Mannschaftswagen der Polizei mit Blaulicht, in Höchstgeschwindigkeit durch das Markttreiben. Auch im Reiseführer steht das es nicht ungefährlich ist in Valparaiso. Wir sind also etwas achtsamer, fühlen uns aber trotzdem wohl in den wuseligen Straßen.
Nicht weit vom Hafen entfernt liegt der Plaza Sotomayor. Hier gibt es einige repräsentative Bauten, wie das Marinehauptquartier, ein Museum und einen kleinen Markt.


Bei einem Cappuccino in einem Café studieren wir den Stadtplan und beschließen doch lieber uns der Free walking Tour anzuschließen. Bis dahin haben wir noch 1 Stunde Zeit das reicht nicht ganz um essen zu gehen aber für einen Pisco sour.


Vom Treffpunkt am Brunnen auf der Plaza Anibal Pintó gehen wir zum Ascensor Reina Victoria, der bringt uns auf den Cerro (Hügel) Conception. Diese Standseilbahnen verbinden seit über 100 Jahren die Stadtteile auf den verschiedenen Ebenen. Es gibt über 30 davon, im Moment sind nur 8 in Betrieb.
Ich finde es schon beachtlich das diese alte Technik immer noch funktioniert. Eine Etage höher hat man eine wunderschöne Aussicht.
Wir spazieren durch die Viertel des Cerro Conceptión und des Cerro Alegre vorbei an schönen Häuser und Aussichtspunkten. Die Bauweise der Häuser ist geprägt durch die Herkunft ihrer Erbauer, es gibt das englische, jugoslavische oder das italienische Viertel.

Das große Gebäude links auf dem Bild ist eine deutsche Schule.
Wir stöbern in netten kleinen Läden in der Passage Galvéz und bekommen von einem Strassenmusiker ein Ständchen über die Schönheit von Valparaiso gesungen.
Dieses hier ist die erste Pisco Bar

einer der historisch wichtigsten Orte der Stadt!
Typisch für südamerikanische Städte sind die Murales, die Wandbilder. Oft soll durch diese Bilder eine politische Meinung zum Ausdruck gebracht werden. Die Stadt hat nachdem sie jahrelang die Bilder entfernen ließ, die Street Art als Puplkumsmagnet erkannt und fördert sie mittlerweile.
Mit dem Aufzug Peral ging es dann wieder nach unten zum Plaza Sotomayor.
Die Tour hat sich wirklich gelohnt, wir hätten uns in diesem Gewirr der Straßen mit den vielen Treppen und kleinen Gassen nie zurecht gefunden.
Für den Abend haben wir uns mit einem Freund unseres Freundes Ulli zum Essen verabredet.

Ulli lebt und arbeitet seit vielen Jahren in Chile und kennt sich gut aus. Wir hatten einen richtig schönen Abend mit interessanten Gesprächen und leckerem Essen. Die Zeit verging wie im Flug, irgendwann waren wir die letzten Gäste im Lokal und der Kellner hat uns dezent signalisiert das er gern Feierabend machen würde. Von hier bis zu unserem Auto ist es nur 1 km, die wären wir gelaufen aber das, meinten dann Ulli und der Kellner, geht jetzt im Dunkeln gar nicht. Nachdem das Bestellen eines Taxis über die Uber App nicht recht funktioniert oder es dem Kellner auch zu lang gedauert hat, hat er uns selbst bis zu unserem Auto gefahren. Die großen Tore des Parkplatzes waren verschlossen. Auf unser Klopfen wurde eine kleine Klappe geöffnet durch die der Parkwächter sich erstmal versichert wer da vor der Tür steht. So behütet haben wir mitten im Hafenviertel seelig geschlafen.
Wir hatten geplant am nächsten Morgen die Stadt zu verlassen weil wir Städte eigentlich nicht mögen aber Valparaiso gefällt uns. Wir beschließen uns das Haus von Pablo Neruda anzusehen. Er war einer der bedeutendsten Dichter und Literaten Südamerikas. Zudem war er Diplomat und Mitglied der kommunistischen Partei in Chile, er wurde politisch verfolgt, floh nach Europa, kehrte aber zurück in sein Heimatland. 1971 bekam er den Nobelpreis, 1973 starb er unter mysteriösen Umständen. Vor einigen Tagen habe ich in der Zeitung gelesen das jetzt bewiesen werden konnte, das er vergiftet wurde. Das Wohnhaus des Poeten liegt in La Sebastina, das sind etwas mehr als 2 km. Wir machen uns zu Fuß auf den Weg, denn in diesen kleinen Gassen ist so unendlich viel zu entdecken. Kleine Geschäfte kunterbunt durcheinander. Da liegen Buchläden zwischen kleinen Kiosken, rosa dekorierten Nagelstudios und Chinaramsch, auf den Bürgersteigen wird alles mögliche verkauft. Manchmal wird's uns schon mulmig, z B. wenn wir an einer Gruppe Menschen vorbei gehen, die alle ziemlich abgerissen aussehen. Alle Sinne sind auf unsere Taschen und Wertsachen konzentriert und es ist entwaffnend wenn einem dann aus einem freundlichen, zahnlosen, ziemlich verlebten Gesicht ein fröhliches "Good Morning" entgegen gerufen wird. Das hat uns auf unserer Reise schon so oft beeindruckt, diese offene Fröhlichkeit gerade der Menschen deren Lebensumstände alles andere als lustig sind.
Auf dem Weg sehen wir den Eingang zum Museum unter freiem Himmel. Das ist ein Rundgang durch Gassen mit Street Art.
Kurz vor unserem Ziel liegt der Park der Poeten.
Bis hierher sind uns auf unserem Spaziergang keine anderen Touristen begegnet. Vor dem Haus des Künstlers ändert sich das. Ein Bus nach dem anderen fährt vor um Kulturinteressierte aus- und wieder einzuladen.
Wir zahlen einen saftigen Preis um durch die Wohnstatt des Nationalhelden zu wandeln.
Es gefällt uns, diese Aussicht vom Bett hätten wir auch gern:)
Nach diesem Ausflug haben wir dann aber auch genug Stadtluft geschnuppert und machen uns auf den Weg raus aus der Stadt.
Hallo ihr Beiden, so was machen wir auch gerne und schauen uns die Innenstädte an. Das ist oft sehr interessant. So ein bewachten Parkplatz hat schon was für sich.Es macht sehr viel Spaß,euere Reiseberichte durch zu lesen. Die Fotos dazu ,dann kann man sich das besser vorstellen. Alles gute für euch .Kommt gut weiter. LG Wolfgang und Dorethee
Bei Stadtbesichtigungen geht es mir genauso wie Euch! Aber es hat sich gelohnt;)) Tolle Bilder!